Der wichtigste Vermittler in Paris

Brief von Otto Förster[1] an Karl vom Rath[2], 6.November 1942


„[…] Auf Deine Frage wegen Kunsthändlern wollte ich Dich sowieso auf Wüster (Adolf, Konsul!) aufmerksam machen. Er ist 1940 bis 1942 wichtigster Vermittler in Paris gewesen. Es ist bestimmt sehr zu empfehlen, dass Du Dich mit ihm und auch mit seiner Frau sehr nett stellst. Er ist aber nicht, wie Du annimmst, für Goering beschäftigt, sondern steht im Dienste Ribbentrops und des Auswärtigen Amtes überhaupt und ist aus diesem Grunde, auch um sich freier bewegen zu können, kürzlich Konsul geworden. Dadurch ist ihm natürlich eine offene händlerische Tätigkeit nicht mehr möglich, doch geht dies zweifellos durch seine Frau weiter, vermutlich unter der Flagge des Conte Trotti, eines sehr amüsanten alten Herrn, französisierten Italieners, anscheinend eines ganz ausgezeichneten Kenners, von dem ich hoffe, dass Du ihn bald näher kennen lernst.[…]“[3]

 


[1] 1933-1945 Direktor des Wallraf-Richartz-Museum/Köln, 1957 bis 1960  Generaldirektor der Kölner Museen und erneut Direktor des Wallraf-Richartz-Museums
[2] Kunsthistoriker. Erster Ehemann der ersten Ehefrau von Otto Förster. Nach schwerer Kriegsverletzung erhielt vom Rath 1941/42 ein Stipendium am Deutschen Kunsthistorischen Institut in Florenz. 1942 Assistent an der gleichen Institution in Paris. Von 1945 bis 1948 Leiter der Kunstsammlung auf Schloss Dyck. [s.a. Frankfurter Personenlexikon]

[3] Historisches Archiv der Stadt Köln, Bestand 1232, Nr. 47, unpag.

 

 


Erwerbungen des Wallraf-Richartz-Museums unter Beteiligung Wüsters (1940-44)

Ab 1940 erwarb das Wallraf-Richartz-Museum (WRM) insgesamt 97 Gemälde. Davon stammten 33 aus dem Deutschen Reich (34%),  21 aus den Niederlanden (22%) und der mit 43 Werken (44%) größte Teil aus Frankreich.  Neben Hildebrand Gurlitt, der bei diesen Erwerbungen als Vermittler oder Verkäufer die wichtigste Rolle spielte,  werden im Inventarbuch des WRM folgende Händler aus Frankreich genannt:  Bignou, Engel, Fabiani, Gurlitt, Laloé, Leegenhoek, Mathé, Renou  &  Colle,  Rochlitz,  Schoeller und Adolf Wüster.[1] Im Inventarbuch des WRM wird Wüster lediglich fünfmal erwähnt und das auch nur als Vermittler für Verkäufe anderer Händler, die sich im Winter 1941/42 vollzogen.  Es ist jedoch zu vermuten, dass er in mehr Transaktionen eingebunden war, als es den Anschein hat.  Schließlich konnte er  nach seiner Anstellung an der Deutschen Botschaft im Sommer 1942 nicht mehr offiziell als Händler oder Vermittler auftreten.

 

 

[1] Zu den Erwerbungen des WRM in den Kriegsjahren > Britta Olényi von Husen/Marcus Leifeld: Das Wallraf-Richartz-Museum und der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, in: Kunstfund Gurlitt. Wege der Forschung, Hrsg. Andrea Baresel-Brand, Nadine Bahrmann, Gilbert Lupfer, Provenire Band 2, Schriftenreihe Deutsches Zentrum Kulturgutverluste Berlin 2020, S. 76-89.  [Vortragsmanuskript von 2017 als  PDF]  
 

Die Bilder en détail

Die Bildtitel und Angaben zu den Erwerbungen entsprechen denen, die in den Inventarbüchern des WRM zu finden sind.

© Rheinisches Bildarchiv Köln, 2002, rba_c016038
© Rheinisches Bildarchiv Köln, 2002, rba_c016038

Inventar WRM: 2645

 

Gosset de Guines (alt: André Gill): Porträt von Emile de Girardin, Öl auf Lwd., 91,5 x 73 cm

 

Sicher ist, dass Josef Haubrich dieses Gemälde von Adolf Wüster erwarb. Doch wann? Die Angaben gehen dabei auseinander. In der Bildakte des WRM  findet sich der (zeitgenössische) Hinweis, dass Haubrich das Werk 1932 bei Adolf Wüster, München, erworben habe. Auf einer von Haubrich erstellten Karteikarte zur Sammlung Haubrich ist dagegen vermerkt: "Ankauf Wüster, Elberfeld, 1929 (?)".[1] Wann auch immer Wüster dieses Portrait genau verkaufte, es stellt einen weiteren Beleg dafür dar, dass er um 1930 mit dem Kunsthandel begann.

 

In das WRM gelangte das Porträt 1941 durch einen Tausch mit Haubrich. Er empfing dafür zwei Gemälde Max Liebermanns (WRM  1183 und 1187) und rettete sie so vor dem Zugriff der Nazis.

 

[1] Ich danke Dr. Marcus Leifeld/Museen der Stadt Köln für die freundliche Auskunft

 

 


© Cagnes-sur-Mer, service de la Communication
© Cagnes-sur-Mer, service de la Communication

MNR 878

Inventar WRM: 2653

 

Pierre-Auguste Renoir:  Baigneuses, Öl auf Lwd., 113 x 166 cm, Musée Renoir/Cagnes-sur-Mer

17.12.1941: erworben durch Adolf Wüster von Etienne Bignou, Paris für 250.000 RM

 


Anmerkung im Inventarbuch: "1948/49 Von der französischen Kunstschutzbehörde nach Paris zurückgeführt."

 

 


© Musée d'Orsay-dist. RMN Grand Palais/Patrice Schmidt
© Musée d'Orsay-dist. RMN Grand Palais/Patrice Schmidt

MNR 228

Inventar WRM: 2656

 

Paul Cezanne: Selbstbildnis, Öl auf Lwd, 25 x 14 cm, Musée d'Orsay/Paris

 

24.01.1941: erworben durch Adolf Wüster von André Schoeller, Paris für 30.000 RM

 


© Réunion des musées nationaux Grand Palais
© Réunion des musées nationaux Grand Palais

MNR 657

Inventar WRM: 2655

 

Jean-Baptiste Corot: Landschaft mit Tempelfront, Öl auf Lwd., 65 x 69 cm, Louvre/Paris

 

05.12.1941: erworben durch A.W. von Martin Fabiani, Paris für 70.000 RM

 


© Musée d'Orsay-dist. RMN Grand Palais/Patrice Schmidt
© Musée d'Orsay-dist. RMN Grand Palais/Patrice Schmidt

MNR 201

Inventar WRM: 2654

 

Pierre-Auguste Renoir: Kopf - Frauenkopf, Öl auf Lwd., 46 x 38 cm, Musée d'Orsay/Paris

 

24.01.1942: erworben durch A.W. von Renou & Colle/Paris für 175.000 RM


© Réunion des musées nationaux Grand Palais
© Réunion des musées nationaux Grand Palais

MNR 872

 

Inventar WRM: 2657

 

Jean-Auguste-Dominique Ingres: Der Herzog von Alba in Sankt  Gudula in Brüssel, Öl auf Lwd., 105 x 82 cm, Musée Ingres/Montauban

 

Im Dezember 1941 durch Wüster von Etienne Bignou erworben


© Rheinisches Bildarchiv Köln
© Rheinisches Bildarchiv Köln

WRM Graph. Inv.: 1944/014

 

Constantin Guys (1802-1892): Mail-coach arrêté,  Aquarell, 19,5 x 31,5 cm.

 

Dieses Aquarell wurde zwar nicht von Wüster an das WRM verkauft, es belegt aber eine Beziehung zwischen ihm und  Hildebrand Gurlitt. Möglich, dass Wüster auch Gurlitt vorschob, um nach seiner Anstellung an der Deutschen Botschaft weiter Geschäfte mit Museen machen zu können. On verra.

 

  • [...]
  • Spätestens bis 1940 Collection Francois Estiér, Paris (1893-1940)
  • 05.12.1940 Auktion Hôtel Drouot, Paris, Los 7 (24.100 FF an Adolf Wüster) [1]
  • [...]
  • spätestens 23.12.1943 Adolf Wüster an Hildebrand Gurlitt (1895-1956) [2]
  • 23.12.1943 Hildebrand Gurlitt an Kölnischer Kunstverein [3]
  • 29.03.1944 Kölnischer Kunstverein an Wallraf-Richartz-Museum im Rahmen eines Kettentausches (Kisters, Köln-Sülz) [4]


    [1] Ministère des Affaires étrangères, Archives diplomatiques, La Courneuve, 209SUP/1038 (Adolf Wüster, Nr. 92, mit Abbildung); Link zum Auktionskatalog.
    [2] Ein direkter Eigentumsübergang von Wüster auf Gurlitt ist anzunehmen, ein Beleg hierfür liegt jedoch nicht vor. In der Exportgenehmigung gibt es eine Abweichung im Maß (40 x 32 cm.). Archives Nationales, Paris: Archives des musées nationaux, 4AA1, Karton 25 (Theo Hermsen), Ausfuhr vom 17.
    November 1943, Nr. 41366 (Guys, aquarelle, 100.000 FF, 5.000 RM).
    [3] Gurlitt verkauft das Werk an den Kölnischen Kunstverein Köln für 110.000 FF. BArch Koblenz N1826/48 Hildebrand Gurlitt, Geschäftsbücher.
    [4] Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Hausarchiv, Inventarbuch
    Ich danke Frau Dr. Britta Olenyi von Husen herzlich für diese Provenienzangaben.

Zu den Erwerbungen des WRM > Katja Terlau: Das Wallraf-Richartz-Museum und seine Ankaufspolitik 1933-1945. Vorläufiger Forschungsbericht, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch, Band LXII, 2001, S. 277-292.