Die Baigneuses oder Wie Wüster mit Ribbentrop in Kontakt kam

 

 [Entwurf]

 

Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 hatten die Wüsters Hals über Kopf Paris verlassen müssen. Zunächst kamen sie bei Adolfs Verwandten in Wuppertal unter, um sich dann wieder in München niederzulassen. Natürlich dachten Sie nach dem Waffenstillstandsabkommen vom 22. Juni 1940 sofort daran, wieder nach Paris zurückzukehren. Schließlich war diese Stadt seit etwa sechzehn Jahren ihr Lebensmittelpunkt. Vor allem aber hatten Sie dort 1939 in der Rue Belloni (heute Rue d’Arsonval) große Teile ihres Eigentums, darunter angeblich auch einige wertvolle Gemälde, zurücklassen müssen. Und darüber hinaus und nicht zuletzt hoffte Adolf Wüster, sich auf diese Weise dem drohenden Militärdienst entziehen zu können.

 

Sie beantragten also Visa für die besetzte Zone Frankreichs. Während sie auf deren  Erteilung warteten, wird Adolf Wüster im Oktober 1940 nach eigener Aussage von dem mit ihm befreundeten Kölner Kunsthändler Hermann Abels gebeten, ihn nach Berlin zu begleiten, um ein Gemälde von Courbet zu begutachten, das der Reichsaußenminister Ribbentrop gerade erworben hatte.[1] Dabei handelte es sich um das großformatige Bild, das heute den Titel „die Badenden“ (Les Baigneuses) trägt und als eines der prominenteren Werken im Musée d’Orsay zu sehen ist. Als restituiertes Werk gehört es heute zum Bestand der MNR, wo es unter Nummer 876 gelistet ist.[2]

 

Am Anfang seines Gutachtens schreibt Wüster, dass er das Gemälde in der Dienstwohnung des Reichsaußenministers in der Wilhelmstr. 73 in Augenschein genommen habe. Wie aus einem Schreiben des Wuppertaler Museumsdirektors Dr. Dircksen hervorgeht offenbar in den Tagen vor dem 26.10.1940.[3], in dem dieser sich für das Gutachten Wüsters bedankt. Ebenfalls in den einleitenden Sätzen dieses Gutachtens bemerkt Wüster, dass Ribbentrop die „Baigneuses“ bei Abels in Köln gekauft habe.[4] Demgegenüber geht aus der Beschriftung der im Bundesarchiv Koblenz/Nachlass Ribbentrop archivierten Fotografie hervor, dass dieses Gemälde am 25.10.1940 zum Preis von 16.250 Reichsmark bei Raphaël Gérard in Paris erworben wurde.[5] Um es noch etwas verworrener zu machen: Auf der Internetseite des Wildenstein-Plattner-Instituts/Paris wird auf der Basis der dort vorhandenen Lagerbücher Gerards gesagt, dass er diesen Courbet erst am 27.11.1940 an die Botschaft verkauft habe.[6] Doch möglicherweise ist damit auch nur der Zahlungseingang gemeint. Wie auch immer, alles spricht dafür, dass das Gemälde bei Gerard erworben wurde und allem Anschein nach hatte sich Wüster getäuscht.

 

Doch warum wurden ausgerechnet Hermann Abels und Adolf Wüster gebeten, nach Berlin zu kommen, um das Gemälde zu begutachten? Es ist davon auszugehen, dass sie das weniger Joachim, sondern vielmehr seiner Frau Annelies von Ribbentrop[7] zu verdanken hatten. Diese stammte aus der bekannten Sektdynastie Henkell, brachte ein beachtliches Vermögen, eine kleine Kunstsammlung sowie nach einem Kunstgeschichtsstudium auch das entsprechende Fachwissen in die Ehe ein.[8] Während Joachim von Ribbentrop eher der Musik zugewandt war, war ganz überwiegend sie es, die die familiäre Kunstsammlung ausbaute. So gelangten neben Kunstwerken, die dem Geschmack der Nazi-Elite entsprachen, auch Werke der Moderne und nicht zuletzt auch Gemälde französischer Maler, darunter einige Impressionisten in die Ribbentrop’sche Sammlung.[9]

 

Abels behauptete im Rahmen einer Befragung durch alliierte Offiziere 1946, dass er während der Besatzungszeit lediglich einmal in Paris gewesen sei und zwar erst im Sommer 1943.[10] Bruchstückhaft überliefert sind jedoch im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes Korrespondenzen aus dem Spätsommer/Herbst 1940 erhalten, die belegen, dass Hermann Abels bereits unmittelbar nach der Besetzung damit beauftragt worden war, Kunstwerke für die Rippentrops aus Frankreich zu beschaffen. Ob zur Ausgestaltung der Dienstwohnung im Auswärtigen Amt oder der Villa in Dahlem geht aus den Unterlagen nicht klar hervor. Darüber hinaus erwecken einige Passagen in den Dokumenten den Eindruck, dass Abels sich persönlich in Frankreich aufgehalten habe.

 

Zweifelsohne war der Besuch Adolf Wüsters an der Seite Abels, die erste Begegnung mit den Ribbentrops. Darüber, warum Wüster dabei überhaupt ins Spiel kam, existieren verschiedene Vermutungen. Baron von Steengracht gab nach dem Krieg an, dass dabei die Schwester Frau von Ribbentrops, Fänn Schniewind, eine Rolle spielte.[11] Diese war mit dem aus Elberfeld stammenden Industriellen Wilhelm Schniewind verheiratet und suchte zum Ausbau der eigenen Kunstsammlung auch regelmäßig die Kunsthandlung Abels in Köln auf. Eine andere Version ist die Bernd Gottfriedsens, einem Legationsrat im persönlichen Stab Ribbentrops, der annahm, der Kontakt zu Wüster sei durch Vermittlung Otto Abetz zustande gekommen, der Wüster schon aus Vorkriegszeiten gekannt habe.[12] Eine weitere Version ist die Herbert M. Ritters, der vermutete, ein rheinischer Museumsdirektor habe den Kontakt hergestellt.[13] Möglicherweise war damit der Wuppertaler Museumsdirektor Victor Dirchsen gemeint, den Wüster gut kannte. Einem Schreiben Dircksens an Adolf Wüster vom 28.10.1940 ist zu entnehmen, dass er bei Fräulein Kloss in Berlin zwei Gemälde Courbets gesehen hat, die Ribbentrop gerade erworben hatte. Besonders interessiert er sich für die „nackte Frau und bittet Wüster darum, ihm seine eigene Einschätzung mitzuteilen. Ob Dircksen, in welcher Weise auch immer, in diesen Ankauf involviert war oder warum er sich überhaupt für das Gemälde interessierte, ist mir unbekannt. Allem Anschein nach hatte er aber mit Wüster schon vor der Inaugenscheinnahme darüber gesprochen.

 

Wie es also zum Kontakt Wüsters mit Ribbentrop kam, wissen wir nicht genau. Allem Anschein war dabei aber auch seine Wuppertaler Herkunft von gewisser Bedeutung. Nicht das erste und auch nicht das letzte Mal in seinem Leben als Kunsthändler.

 

Auch wenn seine Beurteilung der Baigneuses nicht uneingeschränkt positiv war, so soll Ribbentrop nach Wüsters eigener Aussage ihn in diesem Zusammenhang gebeten haben, als Experte für die französische Malerei des 19. Jahrhunderts bei der Beschaffung entsprechender Kunstwerke behilflich zu sein. Da es dazu unabdingbar war, nach Frankreich zu reisen, ergab sich für Wüster also eine günstige Gelegenheit, rasch und unkompliziert nicht nur an die Visa zu gelangen, um die er sich seit Monaten bemüht hatte. Im November 1940 konnten nun die Wüsters wieder nach Paris zurückkehren. Den Einstieg in seine neue Tätigkeit als Kunstbeschaffer Ribbentrops erleichterten ihm dabei ein persönliches Empfehlungsschreiben Ribbentrops für den deutschen Botschafter in Paris, Otto Abetz, in dem dieser dazu aufgefordert wurde, Wüster in jeder Weise zu unterstützen und zusätzlich ein Schreiben Luthers an von Waldthausen, der mit der Ausgestaltung der Deutschen Botschaft in Paris befasst war.[14] Von nun an und mit der Protektion Ribbentrops stand der Karriere Wüsters als Kunsthändler kaum noch etwas im Weg.

 



[1] Preliminary interrogation vom 28. August 1945 > https://www.fold3.com/image/273355038

[2] https://www.pop.culture.gouv.fr/notice/mnr/MNR00876

[3] MEAE 209SUP192 A164-362

[4] MEAE 209SUP192 A164-362

[5] BAK N 1163/8 Photos von Gemälden im Besitz Ribbentrops

[6] https://wpi.art/2019/01/03/art-dealings-in-times-of-war-the-records-of-raphael-gerard/

[7] Anna Elisabeth, genannt Annelies (* 12. Januar 1896 in Mainz; † 5. Oktober 1973)

[8] BAK R170/1457 [heute wohl B326/1457] , f 104 zit. N. Petropoulos, Jonathan: Art as Politics in the Third Reich, Chapel Hill und London 1996, S. 203

[9] Einen Überblick zur Kustsammlung Ribbentrop liefert Petropoulos, Jonathan: Kunstraub und Sammelwahn. Kunst und Politik im Dritten Reich Berlin 1999, S. 257 ff

[10] https://www.fold3.com/image/271388147; In der ALIU LIST OF RED FLAG NAMES wird lapidar festgestellt, dass er in Paris aktiv gewesen sei, ohne das näher zu quantifizieren. In der Proveana-Datenbank des DZK ist allerdings vermerkt: „Ab 1940 nutzte Hermann Abels die Besatzungssituation in Frankreich für zahlreiche Ankäufe auf dem Pariser Kunstmarkt. In dieser Phase war er insbesondere für den Sonderauftrag Linz bzw. das geplante Führermuseum in Linz und auch im Auftrag des Auswärtigen Amtes tätig.(ab 1940)“ [Link https://www.proveana.de/de/person/abels-hermann] Worauf diese Angaben fußen und was genau sie aussagen sollen, muss ich noch ermitteln.

[11] Vernehmung Adolf Baron von Steengracht am 3.Dezember1945 durch Eldon J Cassody > https://www.fold3.com/image/287205999 (Safehaven Reports and Interrogations of Top Nazis)

[12] Vernehmung Bernd Gottfriedsen 10. Januar 1945: https://www.fold3.com/image/287204715

[13] Zeugenaussage Herbert M. Ritter (Abwehr) in Nuremberg, Germany: International Military Tribunal, 1945-11-16, Ithaca, New York: Cornell University Law Library, Volume:010, 19.02 (Ritter information) > online: http://lawcollections.library.cornell.edu/nuremberg/catalog/nur:00778

[14] Preliminary Interrogation Adolf Wüsters vom 28.8.1945 https://www.fold3.com/image/273355038

 

November 1940: Beginn seiner Tätigkeit für das Auswärtige Amt bzw. Ribbentrop

Im April 1948 hält Adolf Wüster in einer eidestattlichen Erklärung fest, dass er bereits ab November 1940 im Auftrag des Auswärtigen Amtes als Experte in Paris war, um in freier Tätigkeit Kunstwerke zu begutachten, die der deutschen Botschaft zum Kauf  angeboten wurden.[1]

 

[1]https://www.fold3.com/image/114/26994802: Eidesstattliche Erklärung nach Beratung mit seinem Rechtsanwalt im Kontext seiner Restitutionsforderungen.



Hier kommt noch mehr über Wüsters Tätigkeit für Ribbentrop in Paris in den Jahren 1940-45. Doch zunächst will ich erst einmal sehen, welche Gemälde nach Kriegsende als Bestandteile der "Sammlung Ribbentrop" bzw. des Auswärtigen Amtes identifiziert wurden.



10. 01. 1945: Gottfriedsen über Wüster

In einem längeren Verhör am 10. 01. 1945 äußert sich Bernd Gottfriedsen, ehemaliger Legationsrat am Auswärtigen Amt und persönlicher Adjudant Ribbentrops, unter anderem zur Verwendung des Geldgeschenks in Höhe von 500.000 RM, das Ribbentrop anlässlich seines 50. Geburtstags 1943  von Adolf Hitler erhalten hatte.[1] Er gibt an, dass von dieser Summe 100.000 RM für den Ankauf einer Violine von Stradivari aus französischem Besitz und 100.000 RM für Gemälde ausgegeben wurden, die aus einer Münchener Kunstausstellung stammten. Alle diese Anschaffungen seien über Adolf Wüster erfolgt.[2] Ferner sagt Gottfriedsen aus, dass Ribbentrop seine Kunstgeschenke für Adolf Hitler ebenfalls über Wüster besorgte. 1942 seien dafür etwa 60.000 RM aufgewendet worden. Auf die Frage, ob die Gemälde aus beschlagnahmten Eigentum stammten, gibt er an, dass er davon keine Kenntnis habe, Wüster aber bestens in Paris vernetzt gewesen sei.

 

[1] www.fold3.com/image/287204712 f
[2] vgl. PAAA R 27629: Hier wird das Engagement Luthers beim Erwerb der Stradivari thematisiert.

 


Jetzt wird es kompliziert. Ich habe zwar eine Reihe von Listen unterschiedlichen Datums und unterschiedlicher Zählung, in denen Gemälde der Sammlung aufgezählt werden, blöderweise jedoch (noch) nicht die vollständige Liste der "Sammlung Ribbentrop".  Wundern Sie sich also nicht über das Chaos und die permanenten Umbauarbeiten auf dieser Baustelle hier.


30.10.1945, Hamburg: Fund von 47 Gemälden aus dem Besitz Ribbentrops

Am 30.10.1945 geht in der Nachrichtenabteilung des britischen Außenministeriums die Nachricht ein, dass man an verschiedenen Orten in Hamburg 47 Gemälde gefunden hat, die Ribbentrop einmal "erworben" habe.[1] Sechzehn davon hätten sich in einem Luftschutzkeller des Speditionsunternehmers A. Th. Paulsen (Meßbergerhof 3) befunden. Die anderen wurden unweit des Hauses (Schlüterstr. 14), in dem er am 14. Juni 1945 festgenommen worden war, entdeckt.[2] Paulsen gab an, dass die in Kisten verpackten Gemälde mit ihm einem Militärfahrzeug angeliefert worden seien, ohne dass dafür eine Empfangsbestätigung ausgestellt wurde. Weitere Befragungen ergaben, dass diese Bilder vorher vom Auswärtigen Amt in ein Bauernhaus in Schleswig-Holstein ausgelagert worden waren.[3]

 

Schon zu diesem Zeitpunkt scheint klar, dass die meisten dieser Gemälde des 19. Jahrhunderts - genannt werden Monet, Manet, Ingres, Fragonard - aus französischen Privatsammlungen stammen. Über diese hinaus habe man aber auch Werke von Lenbach, Trübner und Waldmüller sowie eines von Paul Mathias Padua gefunden.

 

 

 

[1] https://www.fold3.com/image/271388196

[2] Zur Festnahme Ribbentrops, der mit dem Pseudonym  "Johann Riese" untergetaucht war, und auch seiner amüsanten Identifizierung, empfehle ich einen kleinen Film des Hamburg Journals (NDR). https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/Hamburg-damals-Als-Ribbentrop-verhaftet-wurde,hamj41298.html (zuletzt gesehen 20.06.2020)

[3] Tatsächlich war damit das Gut Julianka in Heiligenstedten bei Itzehoe gemeint. Angeblich soll dorthin übrigens auch der sagenhafte Goldschatz Ribbentrops (25 Millionen RM in Gold) gebracht worden sein. Das jedenfalls gab jedenfalls im Rahmen der Nürnberger Prozesse die Textildesignerin Maria May, die während der Besatzung auch an der Deutschen Botschaft in Paris wirkte, zu Protokoll > https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article140590698/Die-verschwundenen-Schaetze-der-Nazis.html


November 1946: "Paulsen-Liste" (n. Rose Valland)

https://www.fold3.com/image/269947820 ff

Im November 1946 legt Rose Valland Adolf Wüster die Aufstellung der 47 in Hamburg entdeckten Gemälde vor. Angeblich sollen sie alle bei Paulsen  gefunden worden sein. Wüster soll Auskunft über die Herkunft der Bilder geben. Wer diese Liste aufmerksam betrachtet, dem fällt sofort die etwas seltsam anmutende Zählweise auf. Offenbar existiert eine Aufstellung der Bilder Ribbentrops, die mindestens 305 Werke umfasst plus der drei, die am Ende des vorliegenden Dokuments erwähnt werden. Gottfriedsen bestätigt das und erwähnt, dass diese Ziffern mit fettem Pinsel und schwarzer Farbe auf die Rückseite der Gemälde aufgetragen worden seien, sofern es sich um die handelte, die sich bei Kriegsende in der Dienstwohnung Ribbentrops befanden und laut einer vorhandenen Liste Behördeneigentum waren. Bilder aus Privateigentum seien mit einem Stempel "J.v.R.D." versehen worden. [BArch B 326/1457, f.80]

[1945/46 (?)] Verzeichnis der durch die Military Government, Property Control Section, Hamburg, Esplanade-Hotel, beschlagnahmten Bilder ("Hamburger Liste" Stand: 13.12.1949)

Kurze Zeit später wird eine Liste erstellt, in der nun 54 Gemälde enthalten sind. Wahrscheinlich findet sie sich auch in den Unterlagen des Archives Diplomatiques des französischen Außenministeriums  (209SUP148) und den National Archives in Kew (z.B. FO 1036/663). Da ich aber auf diese aus Pandemie-Gründen keinen Zugriff habe, nehme ich die, die einem Schreiben der Hamburger Kunsthalle vom 13.12.1949 beiliegt und im Bundesarchiv Koblenz (B 326/1457, f.57) zu finden ist. Dort wird auch erwähnt, dass zu diesem Zeitpunkt noch 20 Bilder in der Hamburger Kunsthalle lagern.  Die sieben zusätzlichen Bilder waren im Januar 1946 nachträglich den anderen, da noch im Flakturm am Heiligengeistfeld lagernden, Gemälden hinzugefügt worden.[NA-UK FO-1057-273, f. 17A]

1., 3. + 4. Spalte: "Verzeichnis der durch die Military Government, Property Control Section, Hamburg, Esplanade-Hotel, beschlagnahmten Bilder", die am 17.06.1946 aus dem Bunker Heiligengeistfeld in die Kunsthalle Hamburg überführt wurden (BArch B 326/1457, f 57) mit Anmerkungen vom 13.12. 1949 (f 68)

2. Spalte: Nummer der Sammlung Ribbentrop nach "Paulsen-Liste" (https://www.fold3.com/image/269947820 ff)

5. Spalte: X = Vermutete Herkunft aus Sammlung Rothschild n. Mitteilung der MFAA (British Element) an MFAA (US) v. 27.07.1948 (https://www.fold3.com/image/290372774)

 1.

143

Manet: Blume in Glasvase

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

2.

289

Seitz: Bildnis einer jungen Dame

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

3.

304

Amerling: Kopf einer Frau

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

4.

32

Feuerbach: Mädchen in grün-weissem Kleid

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

5.

39

Fragonard: Liebespaar im Zimmer

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

6.

38

Fragonard: Der im Schrank entdeckte Liebhaber

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

7.

135

Lenbach: Bismarck

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

8.

271

Trübner: Brustbild einer jungen Dame

Wahrscheinlich aus dem Bunker gestohlen

 

9.

291

Hackert: Ideale Landschaft

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

10.

292

Hackert: Ideale Landschaft

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

11.

282

nach Lenbach: Bismarck

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

12.

 

Courbet: Stilleben

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

12?

15

[Courbet?]: Tranquilité“ (Beschlagnahme Dt. Botschaft, vielleicht Paul Rosenberg [Paulsen-Liste]

? vielleicht mit Stilleben identisch?

 

13.

14

Courbet: Winterlandschaft

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

14.

390

Ingres: Angelica

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

15.

297

Muntane Muns: Sitzender Frauenakt

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

16.

230

Waldmüller: Brustbild eines Herrn

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

17.

221

Trübner: Blick durch Bäume

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

18.

144

Monet: Teich m. blühenden Seerosen

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

19.

50

Französischer Romantiker: Männer und Pferde
[= “Géricault: Paysage avec deux hommes”, Collection M. Rothschild”]

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

X

20.

300

Courbet: Brücke über einen Bach

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

21.

237 oder 238

Winterhalter: Hüftbild einer stehenden Dame

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

22.

165

Padua: Südländerin

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

23.

288?

Deutscher Maler um 1870: Stehende Dame in rotem Kleid [= Carl Gehrts: „Scène masquée“ in Paulsen-Liste]

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

24.

31

Etty: Bildnis zweier Damen

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

25.

269

Waldmüller: Berglandschaft

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle - Befindet sich in der Offiziersmesse A, Hamburg. Rondell

 

26.

216 oder 217 oder 273

Thoma: Einsamer Reiter

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

27.

16

Cranach: Tod der Lucretia

Am 19.03. 1949 an CCP München ausgeliefert

 

28.

305

Fragonard: Portrait eines Malers

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

29.

136

Lenbach: Moltke

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

30.

268

Moreau: Wassernymphe

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

31.

254

Amerling?: Sitzende Dame

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

32.

237 oder 283

Winterhalter: Brustbild einer Dame

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

33.

301

Canale: Canale grande

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

34.

296

Tischbein: Damenbildnis

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

35.

102

Keller: Damenbildnis

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

36.

216 oder 217 oder 273

Thoma: Mainlandschaft

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

37.

10

Französisch um 1760: Brustbild eines Mädchens

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

X

38.

7

Boucher: Venus mit Amor und Tauben

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

X

39.

8

Boucher: Drei Mädchen in Parklandschaft

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

X

40.

11

Boucher: Winzerin

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

X

41.

9

Boucher: Schäferin

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

X

42.

23

Monogrammist O.D.: Sitzendes Kind

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

43.

234

Watteau de Lille: Galante Szene

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

44.

235

Watteau de Lille: Vogelnest

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

45.

220

Trübner: Brustbild eines Mädchens

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

46.

216 oder 217 oder 273

Thoma: Berglandschaft

Wahrscheinlich aus dem Bunker gestohlen

 

47.

 

Fragonard: Die erste Reitstunde

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

X

48.

 

Monet: Landschaft mit Eisenbahn

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

49.

 

Greuze: Mutter mit zwei Kindern

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

50.

 

Munhacsy: Mädchenkopf

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

51.

 

Corot: Landschaft am Nemisee

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

52.

 

Um 1810: Damenbildnis

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

53.

 

Defregger: Die Maler und die Dorfschöne

Am 26.08.1950 noch in der Hamburger Kunsthalle

 

54.

298

Stroehling: Herrenbildnis

Am 21.10. 1948 dem Beauftragten der franz. Regierung übergeben

 

 

 

 

 

 

 

 

 


19. April 1948: Eidesstattliche Erklärung Adolf Wüsters

Eidesstattliche Erklärung, 19.04.1948, S. 1 https://www.fold3.com/image/114/269948022
Eidesstattliche Erklärung, 19.04.1948, S. 1 https://www.fold3.com/image/114/269948022

Im Dezember 1947 bittet Dr. Hans Konrad Röthel ("Chief Curator" am CCP München)[1] durch eine Mitarbeiterin um "irgendwelche Unterlagen" zu den Vorkriegserwerbungen Adolf Wüsters, um in seiner Sache "etwas unternehmen zu können".

 

Folgende Gesichtspunkte sollten dabei besonders betont werden:

 

"gelebt in Frankreich seit

Ihre Sonderstellung auch als Deutscher im Ausland

Ihre Absicht auch weiterhin in Frankreich zu leben

eine Übersicht Ihrer in Frankreich verlorenen Sachen

 

um daraus dann die Konsequenz zu ziehen, dass doch in Ihrem Fall eine Befreiung von den allgemein gültigen Restitutionsbestimmungen in Erwägung gezogen werden könnte."[2] 

 

Ob Röthel damit Wüster aus der Reserve locken oder ihn, so wie es den Anschein hat, unterstützen will, ist mir nicht ganz klar. Wüster offensichtlich auch nicht. Sicher ist jedoch, dass er keine Rechnungen beibringt und auch erst nach Beratung mit seinem Rechtsanwalt[3] am 19. April 1948 eine eidesstattliche Erklärung abgibt, die weit über die oben aufgelisteten Fragestellungen hinausreicht. Da ja allgemein bekannt ist, dass er als Kunstagent Ribbentrops fungierte, kommt er nicht umhin, einige Werke zu nennen, die er für den Reichsaußenminister besorgt hat. Er nennt lediglich acht Gemälde, die unter seiner Ägide während der Besatzungszeit angeschafft wurden.

 

 

 

[1] Zu Röthel > Iselt, Kathrin: "Sonderbeauftragter des Führers": der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884-1969). Köln/Weimar/Wien 2010, S. 416

[2] https://www.fold3.com/image/114/269948013

[3] https://www.fold3.com/image/114/269948018


Gemälde (in der Reihenfolge des Verzeichnisses der Militärregierung v. 1949)

Nachfolgend möchte ich näher auf die Gemälde eingehen, die nachweislich aus dem Privatbesitz Ribbentrops bzw. dem des Auswärtigen Amtes stammen und bei denen zu vermuten ist, dass Adolf Wüster am Erwerb beteiligt war.

[1] = Bezeichnung A. Wüsters in seiner eidesstattlichen Erklärung vom 19. 04. 1948

© Musée d'Orsay-dist.RMN Grand Palais/Patrice Schmidt
© Musée d'Orsay-dist.RMN Grand Palais/Patrice Schmidt

Hamburger Liste #1

"3 b) Edouard Manet: Blumenstilleben" [1]

 

MNR 631

 Edouard Manet (1832-1883): Oeillets et clématite dans une vase de cristal, Öl auf Lwd., sign. u.r., 56 x 35 cm, Musée d'Orsay/Paris

 

>https://www.fold3.com/image/231982262

© Réunion des musées nationaux Grand Palais
© Réunion des musées nationaux Grand Palais

Hamburger Liste #13

"3 c) Gustave Courbet: Schneelandschaft"[1]

 

MNR 173

 

Gustave Courbet (1819-1877): Paysage sous la neige, Öl auf Lwd., sign.u.l., 73 x 100 cm, Musée de Grenoble

 

 

 

© Montauban, musée Ingres
© Montauban, musée Ingres

Hamburger Liste #14

"3 d) Jean Baptiste Ingres: Studie zur Angélique" [1]

 

MNR 153

 

Jean-Auguste-Dominique Ingres: Angélique (réplique d'Atelier), Öl auf Lwd., 92 x 73 cm, Musée Ingres/Montauban

© Musée du Louvre
© Musée du Louvre

Hamburger Liste #28

"3 e (Frayonard?)[sic]: Selbstbildnis" [1]

 

MNR 97

 François-André Vincent: Autoportrait à la palette, Öl auf Lwd., 69 x 52 cm, Louvre/Paris

 

 

> https://www.errproject.org/jeudepaume/card_view.php?CardId=68282

© Paris, musée du Louvre, département des Peintures
© Paris, musée du Louvre, département des Peintures

Hamburger Liste #37

MNR 115

 

 

Sammlung Edmond Rothschild, aus Schloss Ferrières: "Französisch, 1770 im Stil des Greuze: Lesende junge Frau. Profil nach links. Brustbild mit Händen. Leinwand, Höhe: 46 cm, Breite 37 cm"

PAAA Paris2495, f40

Hamburger Liste #39 [?]

"3 h) 3 Frauen, romantische Schule, ohne Namen" [1]

 

Aus den Schenker Papers geht hervor, dass der Reichsaußenminister im Sommer 1941 ein nicht näher bezeichnetes Gemälde erworben hat, auf dem drei Frauen und ein Hund zu sehen waren.[a]

 

[a] https://www.fold3.com/image/291858784; https://www.fold3.com/image/114/270137787

© Musée d'Orsay
© Musée d'Orsay

 Hamburger Liste #48

"3a) Claude Monet: Kleine Landschaft mit Brücke in Meudon"[1]

 

MNR 218

Claude Monet (1840-1926): Train dans la campagne, Öl auf Lwd., sign. u.l., 50 x 65 cm, Musée d'Orsay/Paris

 

 

 

Hamburger Liste #51

"3 f) Corot: Landschaft" [1]


Gemälde, die sich bei Kriegsende nicht in Hamburg befanden

© Musée du Louvre
© Musée du Louvre

"3 g) O. Tassaert: Knabenbildnis"[1]

 

MNR 965

 

Octave Tassaert (1800-1874): Portrait de A. Bés fils, enfant, Öl auf Lwd., 56 x 46 cm, sign.+dat. u.r., Louvre/Paris

 

 

© Réunion des musées nationaux Grand Palais
© Réunion des musées nationaux Grand Palais

"4 a) grosser Courbet (angezweifeltes Bild) mit einer liegenden nackten Frau, dahinter eine zweite bekleidete Frau sitzend"[1]

 

MNR 876

Gustave Courbet: Baigneuses, dit aussi Deux femmes nues, Öl auf Lwd., 115 x 155 cm, Musée d'Orsay/Paris

 

> https://www.fold3.com/image/274275186

© Paris, musée d'Orsay, dist. RMN Grand Palais, Schmidt Patrice
© Paris, musée d'Orsay, dist. RMN Grand Palais, Schmidt Patrice

"4 b) eine grosse Landschaft von Courbet: Ansicht von Ornans"[1]

 

vermutlich

MNR 875

 Gustave Courbet: Paysage rocheux aux environs de Flagey (Doubs), Öl auf Lwd., sign. u.r., 85 x 160 cm, MuBa Eugène Leroy/Tourcoing

 

> https://www.fold3.com/image/274275186

 

 


Abb. aus dem Auktionskatalog von Hans W. Lange 1940 (UB Heidelberg ,CC BY-SA 4.0)
Abb. aus dem Auktionskatalog von Hans W. Lange 1940 (UB Heidelberg ,CC BY-SA 4.0)

RibNr. 219

 

"Hof im Stift Neuburg mit Springbrunnen II. Ca. 1913.
Öl auf Leinwand.
Rohrandt G 785. Links unten signiert. Verso mit verschiedenen Etiketten und handschriftlicher Bezeichnung. 44,5 x 59,4 cm (17,5 x 23,3 in).

Provenienz:

  • Galerie Karl Haberstock, Berlin, 1917 (beim Künstler erworben).
  • Galerie Arnold, Dresden, Dez. 1917 (beim Vorgenannten erworben).
  • Sammlung Eduard Merzinger, Dresden (beim Vorgenannten erworben).
  • Sammlung Caroline Merzinger, Dresden (1932 geerbt vom Vorgenannten).
  • Hans W. Lange, Berlin, Auktion 18.10.1940, Los 565 mit Abb. (aus dem Besitz der Vorgenannten).[1]
  • Privatsammlung Hessen (vom Vorgenannten erworben. Seither in Familienbesitz).

Literatur: Villa Grisebach, Berlin, Auktion 31.5.2003, Los 133 (verso mit dem Auktionsetikett, unverkauft)."

 

Unter diesem Titel und mit diesen Angaben wurde das Gemälde bei der 490. Auktion (Kunst des 19. Jahrhunderts) des Kunsthaus Ketterer Kunst am 22.11.2019 in München (Lot 69) aufgerufen und für € 9.375 verkauft. Die Provenienzkette ist lückenlos und unproblematisch. Und doch verschwieg Ketterer, zumindest im Katalogeintrag, lieber, dass es Ribbentrop war, der dieses Gemälde 1940 für 5865 Reichsmark bei Lange erwarb.[3] Warum?

 

 

[1] Hans W. Lange : Gemälde des 19. Jahrhunderts aus verschiedenem Besitz: darunter die Sammlung Dr. F., Elbing ; am 18. Oktober 1940. Berlin 1940, Lot 565 [Link zum Katalog]

[2] Der Auktionskatalog ist online noch verfügbar (25.06.2020). Dort findet sich auch eine Farbabbildung in bester Qualität.
[3] Nachlass Ribbentrop in BArch N1163/8

 



https://www.fold3.com/image/298351157
https://www.fold3.com/image/298351157

Wo finde ich diese 14 Fotoalben? Heute in den National Archives > https://www.archives.gov/research/holocaust/art/key-series-descriptions/key-series-descriptions-14.html?

Checken > https://catalog.archives.gov/search?q=Ribbentrop&rows=20

https://www.fold3.com/image/298351157