1888 Barmen und Elberfeld

Adressbuch Barmen 1889
Adressbuch Barmen 1889

Adolf Wüster wurde am 30. 12. 1888 als Sohn des Wilhelm Wüster und seiner Frau Maria, geb. Peters, in der Haspeler (-Schulstraße) 15a in Wuppertal-Barmen geboren.(1)

Die zahlreichen Umzüge der Familie Wüster innerhalb  Barmens und Elberfelds, wohl zwischenzeitlich auch nach Belgien, in den nachfolgenden Jahren sind auf Grund des häufigen Vorkommens dieses Namens in Wuppertal nur schwer nachzuvollziehen. Sie sollen zu einem späteren Zeitpunkt hier nachgetragen werden.   


Quelle: Mails Stadtarchiv Wuppertal v. 20 und 27.3.2019, Geburtsurkunde Barmen 24/1889

 


1908 (?) - 1910 München, Neureutherstraße 14

Die erste mir bekannte Adresse Adolf Wüsters in Schwabing. Sie wird in der Heiratsurkunde vom 17. März 1910 (Stadtarchiv Wuppertal) genannt. In den Adressbüchern der Stadt München 1910/11 ist er an diesem Ort nicht zu ermitteln.

 

 

Wann er genau nach München zog und in welche Straße oder zu wem, ist noch zu klären.  


um 1911 (Dauer unbekannt) Untergarschagen bei Lüttringhausen

Sowohl in einer kleinen Notiz in der Solinger Zeitung vom 28.09.1911 als auch im Matrikelbuch der Kunstakademie in München aus dem Jahr 1913 ist zu entnehmen, dass er allem Anschein nach über einige Jahre in Untergarschagen bei Lüttringhausen gemeldet war. Doch auch bei Ausstellungen der Jahre 1915 bis 1923, bei denen er vertreten war, gibt er als Wohnort Lüttringhausen an oder nennt sich gar "Wüster-Garschagen". Ich vermute, dass er zumindest von Zeit zu Zeit in Untergarschagen bei Verwandten lebte.


1911  München, Nymphenburger Str. 195/2

Nach seiner Hochzeit mit Henriette Ida Homberg  ist das junge Paar in die Nymphenburger Straße umgezogen. Hier wurde dann auch ihre Tochter geboren.

 

Quelle: Adressbücher München 1911 + 1912


1911 (ca.) Stock am Chiemsee

Schon 1909 hatte Adolf Wüster in München eine hohe Arztrechnung nicht beglichen. (1) Einer weiteren öffentlichen Klagezustellung und Ladungsanzeige im Reichsanzeiger ist zu entnehmen, dass Adolf Wüster mit Frau und Kind zumindest 1911 in Stock am Chiemsee wohnhaft war. Ob Kalkül oder schlichtes Unvermögen der Grund war, weshalb er sich dort in höchstem Maße verschuldete,(2) wird wohl nicht mehr zu klären sein.  In jedem Fall entzog er sich dem anstehenden Gerichtsverfahren und der Begleichung seiner Schulden dadurch, dass er Deutschland verließ und nach Paris übersiedelte.

 

 

 

 

 

 

Quelle: 1) Deutscher Reichsanzeiger, Nr. 57, Berlin 1912 - 2) Deutscher Reichsanzeiger, Nr. 284, Berlin 1911


1912 -1914 Paris 15 - 7, rue Belloni (heute rue d'Arsonval)

Wie viele junge Künstler seiner Generation, die jenseits der Akademien nach neuen bildnerischen Ausdrucksformen suchten, so zog es auch Adolf Wüster sofort in das Künstlerviertel vom Montparnasse. Einen Katzensprung von der Rue Belloni entfernt befand sich die Cité Falguière mit den Ateliers von Künstlern wie Foujita, Modigliani, Brancusi, Soutine  und vielen anderen. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs musste Adolf Wüster Paris zunächst verlassen. Doch erst Ende 1916 wurde sein Besitz unter Sequester gestellt, wie der hier abgebildeten  Bekanntmachung zu entnehmen ist. Nebenbemerkung: Etwa ein Jahrzehnt später wohnte auch Otto Freundlich in der 7, rue Belloni.

 

 

 Quelle: Bulletin de la Chambre de commerce de Paris, 27.01.1917, S. 48 (Abb. >http://gallica.BnF.fr) und Recensements de population in den Archives de Paris

 

Ausschnitt aus L. Guilmin: Plan de Paris, 1913
Ausschnitt aus L. Guilmin: Plan de Paris, 1913

1915 - 1918 : "im Feld"

Dem Lebenslauf, der sich in seinen Ausstellungskatalogen der 1960er Jahre findet, ist zu entnehmen, dass er nach seiner Einberufung 1916 zur Luftabwehr nach Saarbrücken abkommandiert war und anschließend an die Westfront kam. Anfragen beim Militärarchiv in Freiburg ergaben bedauerlicherweise bisher keine weiteren Hinweise.


1919/20 Berlin? und Oderburg und Freienwalde

Nach eigener Aussage lebte Adolf Wüster 1919/20 in Berlin und arbeitete in Oderburg - gemeint ist wohl eher Oderberg - und Freienwalde. Während dieser Zeit beteiligt er sich auch an Ausstellungen der Novembergruppe.


1921 (ca.) München, Siegfriedstr. 18/3

Adressbuch München 1921
Adressbuch München 1921

Quelle: Adressbuch München 1921

 

 

 


1922 (?) Wasserburg/Inn

Den Lebensläufen in den Katalogen der Ausstellungen  1964 und 1969 ist zu entnehmen, dass er zwischen 1921 und 1923 zeitweilig in Wasserburg am Inn arbeitete.
Frage: Was waren die Gründe für seinen Aufenthalt dort?

 

 


1923 (?) - 1926 München, Martiusstr 1/1

Adressbuch München 1923
Adressbuch München 1923

Die erste Hälfte der 1920er Jahre scheint Adolf Wüster ganz überwiegend in München verbracht zu haben. Überraschend ist, dass er auch zu der Zeit, in der wieder nach Frankreich zurückgekehrt war, weiterhin in München eine Wohnung unterhielt.  Knapp 25 Jahre später wird er übrigens wieder in der Martiusstraße wohnen. Da dann aber in der Nummer 8.

Quellen: Adressbücher München


1924 Paris(?)  - 1925 Montigny-sur-Loing, Grande Rue

Montigny-sur-Loing,  um 1900
Montigny-sur-Loing, um 1900

Im September 1925 sendet Wüster aus Montigny-sur-Loing eine Postkarte an  den Literaturhistoriker und Gastrokritiker  Carl Georg von Maassen in München.(1)  Er schreibt, dass er seit Dezember 1924 mit einigen Unterbrechungen  eigentlich wieder in Paris leben würde, sich zur Zeit aber in der Grande Rue in Montigny-sur-Loing aufhielte, einem kleinen Städtchen am Südrand des seit Théodore Rousseau (1812-1867) bei Malern so beliebten Walds von Fontainebleau. Allem Anschein nach  hat er allerdings keine eigene Anschrift in Paris. Vielmehr gibt er als Adresse für eine erwünschte Rückantwort die seiner neuen Freundin Nadjeschda Gavrichenko, 30 passage Bosquet im 7. Arrondissement von Paris an, wo diese wohl zusammen mit ihrer Tochter bei der Mutter wohnt.

 


Quellen: 1 Universitätsbibliothek der LMU München, Nachl. C. G. von Maassen 2.14,15
2 Archives de Paris: Recensement de population 1926, D2M8 239


1925/26 (?) Lüttringhausen, Kreis Lennep

Lüttringhausen 2009 (Hans Kadereit GFDL 1.3)
Lüttringhausen 2009 (Hans Kadereit GFDL 1.3)

Allem Anschein nach lebten in Lüttringhausen nahe Verwandte Adolf Wüsters. Bereits bei seiner Einschreibung an der Akademie der Bildenden Künste 1913 gab er als seinen Herkunftsort Lüttringhausen an. Leider ist es mir bisher nicht gelungen, das zu verifizieren. Recherchen zu dieser Frage  in den Archiven von Remscheid und Wuppertal verliefen ergebnislos.

Der einzige Beleg dafür, dass Adolf Wüster einen festen Wohnsitz in Lüttringhausen hatte, stammt aus dem Adressbuch für den Kreis Lennep für die Jahre 1925/26. Ob der dort, allerdings unter anderer Adresse,  ebenfalls erwähnte Bandwirkermeister Adolf Wüster der vermutete Verwandte ist?

 

Quellen:
+ Adressbuch Kreis Lennep, 1925/26
+ Akademie der Bildenden Künste München: Matrikelbuch 3 (1884-1920)

 


1926 Wuppertal-Elberfeld, Treppenstr. 10

1926, Adolf Wüster lebt bereits überwiegend in Paris, gibt er im Handbuch des Kunstmarkts die Treppenstr. 10 in Wuppertal-Elberfeld, den Wohnsitz seiner Mutter,  als Adresse an und weist darauf hin, dass er Mitglied der Bergischen Kunstgenossenschaft (B.K.G.) ist.

 

 

 

 

 



https://digital.zlb.de/viewer/image/34165322/564/


1927-1928 Montrouge, 111 route d'Orléans

Société des artistes indépendants: Catalogue de la 39e exposition 1928  au Grand Palais des Champs-Elysées du 20 janvier au 29 février . Paris 1928
Société des artistes indépendants: Catalogue de la 39e exposition 1928 au Grand Palais des Champs-Elysées du 20 janvier au 29 février . Paris 1928

Die einzigen mir vorliegenden Hinweise darauf, dass er in den Jahren 1927 und 1928 nicht in Paris, sondern in Montrouge (Seine) lebte oder zumindest arbeitete, habe ich bisher in den Katalogen der "Société des artistes indépendants" der betreffenden Jahre gefunden.
 


1927 - 1930 München, Ainmillerstr. 5/3

Adressbuch München 1930
Adressbuch München 1930

 

Ende der 1920er Jahre nennt er sich auch offiziell noch immer gerne Addo, wie schon  in der frühen Zeit seiner Ausbildung. Ob er mit Prof. Julius Hess, dem Mitbegründer der Neuen Münchener Secession und Professor an der Akademie der Bildenden Künste, näher bekannt war, kann ich nur vermuten. Schaut man sich die Zusammensetzung der Bewohner des Vorderhauses an, so schien er inzwischen mit seiner Malerei genügend zu verdienen, um sich eine etwas bessere Wohnung leisten zu können.

 

Quellen: Münchener Adressbücher und Universitätsbibliothek der LMU München, Nachl. C. G. von Maassen 2.14,15


1930 - 1941 Paris 15 , 4 rue Belloni (heute: rue d'Arsonval)

Wahrscheinlich erschien Adolf Wüster das Haus Nummer 4 mit seinen Details der Art Nouveau  bereits während seines ersten Paris-Aufenthalts ausgesprochen attraktiv. Denn zumindest bis in die 1950er Jahre hinein erschien die Bebauung der Rue d'Arsonval in Teilen doch recht bescheiden. Spätestens im Januar 1930, er lebte inzwischen mit seiner Frau und deren Kind aus erster Ehe zusammen, konnte er sich dann eine  bessere Wohnung (mit Atelier) auf der anderen Seite der Straße leisten. Es muss ihm dort gut gefallen haben, denn in keinem anderen Haus in Paris wohnte er so lange wie hier.

 

Betritt man den hübsch gestalteten Innenhof, so fallen sofort die großen Fenster der etwa zehn Ateliers in's Auge. Nach wie vor werden sie von Künstlern genutzt, darunter der hochbetagte Maler Walter Spitzer, der das Konzentrationslager Buchenwald überlebt hat und als Dolmetscher 1945 mit amerikanischen Soldaten nach Paris kam . 

 

Anfang  der 1970er Jahre begannen Investoren damit, das Viertel baulich stark zu verändern. Ihrem Tun fiel der größte Teil der benachbarten Cité Falguière und die einfacheren Ateliers in der Rue d'Arsonval zum Opfer. Ein kurzer  Dokumentarfilm aus dem Jahr 1972 gibt einen Eindruck von der damals dort herrschenden Atmosphäre. 

 

Quelle: Archives de Paris: Recensement de population 1931, 15. Arr., Necker, Sign. D2M8 423

 

Foujita: Haus in der Rue d'Arsonval, um 1955
Foujita: Haus in der Rue d'Arsonval, um 1955

1939 Wuppertal

1 www.fold3.com/image/273355038
1 www.fold3.com/image/273355038

Nach einer Aussage, die Adolf Wüster im August 1945 gegenüber einem Vertreter der amerikanischen Besatzungsmacht macht, verließen er und seine Frau am 1. September 1939 Paris. (1) Zuerst fuhren sie nach Wuppertal, um dort bei Verwandten  unterzukommen.

 

 


1940 (Februar) München, Kaulbachstr. 35/1

Danach verlagerten sie ihren Wohnsitz wieder nach München. Laut einem Schreiben des Stadtarchivs  war Wüster  dort "erstmals"(!?) vom 16.02. an bis Ende Februar 1940 gemeldet.

 

Quelle: Schreiben des Stadtarchivs München vom 02.08.2019, Auszug aus der Einwohnermeldekarte EWK 76 W 125


1940 - 1941 München, Ainmillerstr. 7/2

Adressbuch München 1941
Adressbuch München 1941

Vom 01.03. 1940 bis zum 11.05. 1941 waren die Wüsters hier gemeldet. (1) Doch schon kurz nach der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen  konnten sie ihren Lebensmittelpunkt wieder nach Paris verlagern. Zu verdanken hatten Sie das Joachim von Ribbentrop, der Adolf Wüster nach Paris entsandte, um auf dem dortigen Kunstmarkt für ihn interessante Gemälde ausfindig zu machen und ihnen deshalb ein Visum verschaffte. (2)

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

1 Schreiben des Stadtarchivs München vom 02.08.2019, Auszug aus der Einwohnermeldekarte EWK 76 W 125 und

Bellinger, Gerhard und Regler-Bellinger, Brigitte: Schwabings Ainmillerstraße und ihre bedeutendsten Anwohner. Ein repräsentatives Beispiel der Münchner Stadtgeschichte von 1888 bis heute. Zweite, durchgesehene Auflage, Norderstedt 2013

2 www.fold3.com/image/273355038


1941 (März bis Juli) Paris, Hôtel Cayré, 4 bd. Raspail

Seit Januar 1941 war Adolf Wüster nun - unterstützt von der deutschen Botschaft - mit der "Durchführung von wirtschaftlichen Sonderaufträgen innerdeutscher Stellen" beauftragt.(1) Die Wohnung in der 4  rue Belloni erschien nun nicht mehr standesgemäß. Doch bevor die neue Wohnung im 7. Arrondissement bezogen werden konnte, waren noch einige Monate zu überbrücken. Vorerst kam das Ehepaar Wüster im Hôtel Cayré unter (2), das ab Frühjahr 1941 gerade zum Wohngebäude für Angehörige der Wehrmacht und deutsche Behördenmitarbeiter umfunktioniert worden war. Im Juli 1941 schreibt Nadine Wüster dem Krefelder Museumsdirektor, Dr. Muthmann, dass sie zum 1. August 1941 das Hotel verlassen müssten, da es für eine andere Dienststelle gebraucht würde und ihr das Ein- und Auspacken wenig Freude machte. (3)

 

 

 

Quellen:

1 PAAA Paris 1797

2 s. z.B. fold3.com/image/270041447
3 Stadtarchiv Krefeld 4/4056 (?)


1941 (13.9.) Paris 08, Hotel Elysées Palace, 12 rue Marignan

Creative Commons

Im August machten die Wüsters - wie jedes Jahr übrigens - erst einmal Ferien in Badgastein  und München.(1) Die folgenden zwei Monate scheinen sie dann in diesem ehemaligen Luxushotel an den Champs-Elyseés  verbracht zu haben, das seit März 1941  als Unterkunft für Wehrmachts- und deutsche Behördenangehörige genutzt wurde.(2)

 

 

 



Am Rande: Im Februar 1917 wurde hier Mata Hari verhaftet, bevor sie hingerichtet wurde.

1 Stadtarchiv Düsseldorf 3755

2 DHI/Paris: La France sous l'Occupation 1940-1945 - Les administrations allemandes et françaises >  adresses-france-occupee.fr


1941 - 1943 Paris 07, 174 rue de l'Université/VI

Die 174, rue de l'Université im Januar 2020

Eine Vitrine wird in die neue Wohnung auf der sechsten Etage geliefert (1)
Eine Vitrine wird in die neue Wohnung auf der sechsten Etage geliefert (1)

Anfang November 1941 bezogen sie  dann ihre neue Wohnung in einem der edelsten und damit auch teuersten  Quartiere der Stadt, unweit des Eiffelturms und nur gut zehn Gehminuten von der Deutschen Botschaft entfernt. Bald wird aus dem Sonderbeauftragen für Kunstankäufe Ribbentrops und des Auswärtigen Amtes der Kunstreferent der deutschen Botschaft, der ab dem 1. Juni 1942 offiziell als "wissenschaftlicher Hilfsarbeiter" dort tätig ist und am 13. August durch Adolf Hitler zum Konsul ernannt wird.(2)

 

 

 

 

 

1 www.fold3.com/image/114/270138659

2 PAAA Paris 1797 


1944, Paris 07, 88 rue de Grenelle/II

88, rue de Grenelle im Januar 2020

www.fold3.com/image/269947849
www.fold3.com/image/269947849

Noch ist mir nicht klar, wann und weshalb die Wüsters in eine Wohnung im Haus des Grafen Renato Avogli-Trotti an der Rue de Grenelle zogen. Fest steht, dass Adolf Wüster schon lange vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mit Avogli-Trotti befreundet war und beide auch geschäftlich geschäftlich miteinander verwoben waren. Da das Ehepaar Wüster kurz vor dem Einmarsch der Alliierten am 12. August 1944 (1) Paris fluchtartig mit ihrem PKW verließen, erscheint plausibel, dass sie die  Möbel und unbedeutendere Teile ihres Kunstbesitzes dort zurücklassen mussten. Die wertvolleren Kunstwerke hatten sie  bereits 1943 nach Deutschland verlagert, um sie dort in Sicherheit zu bringen. Natürlich wurde nach der Befreiung von Paris das Hab und Gut Avogli-Trottis und damit wohl auch die Wohnung der Wüsters unter Sequester gestellt. Allerdings erst im August 1945.(1) Theoretisch blieb also Zeit genug, damit Freunde und Verwandte Adolf Wüsters auch den zurückgelassenen Besitz  noch dem Zugriff durch die Behörden hätten entziehen können.

 

1 Laut Auskunft des Stadtarchivs Wemding vom 19. 08.2020
2 Journal officiel de la République française. Lois et décrets. 1945-10-

15, p. 6578


1944 (Herbst) Sigmaringen (?)

"Vichy-Franzosen" vor dem Hotel Löwen (Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 1 T 52 Nr. 1)
"Vichy-Franzosen" vor dem Hotel Löwen (Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 1 T 52 Nr. 1)

Wohin die Wüsters nach ihrer Flucht aus Paris fuhren, ist unklar. Eine Möglichkeit ist, dass sie über das Elsaß nach Sigmaringen begaben, wo sich zwischen September 1944  und April 1945 der Sitz der französischen Exilregierung unter Marschall Pétain befand. Zumindest behauptete im Juni 1945 Bruno Lohse, (1) der nach eigener Aussage mit der Familie Wüster gut befreundet war, dass Adolf Wüster sich an der dortigen Deutschen Botschaftsdienststelle  im Gebäude der Fürstlich Hohenzoller'schen Haus- und Domänenverwaltung in der Karlstraße 32 aufhielte(2) und auch beabsichtigte, so rasch wie möglich nach Paris zurückzukehren.

 

 

 

 

1 www.fold3.com/image/114/270046095

2 www.deutschlandfunk.de/hauptstadt-fuer-sieben-monate.871.de.html?dram:article_id=125124 (20.04.2015)


1944 (?) Habighorst bei Celle,  Gut Burghorn

In einem der Notizbücher Hildebrand Gurlitts findet sich die knappe Notiz "Konsul Wüster - Burg Horn Habighorst bei Celle". Vielleicht ein Hinweis darauf, dass Adolf Wüster auch dort tatsächlich eine kurze Zeit verbrachte oder es zumindest geplant hatte. Das erscheint ebenfalls plausibel, da ein Teil seiner Kunstsammlung dort lagerte.

Quelle: BArch N1826/56, f. 471


1944/45 Thalhausen bei Freising, Schloß (?)

Schloss Thalhausen, 2013 - Wikipedia/Björn Höfling CC BY-SA 3.0
Schloss Thalhausen, 2013 - Wikipedia/Björn Höfling CC BY-SA 3.0

Auch hier hatte Adolf Wüster, wie Maria Gillhausen und Maria Dietrich ebenfalls, einige seiner Kunstwerke in Sicherheit gebracht. Dass er möglicherweise kurzzeitig hier zu erreichen war, geht aus einem Telegramm vom 25.9. 1944 hervor, das an das Auswärtige Amt in Berlin gesandt  worden war und ihm an diese Adresse nachgeschickt wurde.

 

 

Quelle: PAAA P1_017014


1944 (August?) - 1945 (April) Berlin

Nach der Flucht aus Paris waren die Wüsters für einige Monate, genauer bis zum 15.04 1945,(1)  offiziell in Berlin gemeldet. Ob sie sich dort auch tatsächlich aufhielten oder ob das formal über die Botschaft lief, ist noch nicht geklärt.

 

1 Laut Auskunft des Stadtarchivs Wemding vom 19. 08. 2020


1945 (August) - 1946 (Mai), Bernau am Chiemsee, Bonnschlössl

Bonnschlössl 2012 (Pixelteufel/flickr CC BY 2.0)
Bonnschlössl 2012 (Pixelteufel/flickr CC BY 2.0)

 

Wie aus zahlreichen Dokumenten hervorgeht, verbrachten die Wüsters den größten Teil des ersten Nachkriegsjahres tatsächlich hier. Zu verdanken hatten sie diese Unterkunft der ersten Ehefrau Adolf Wüsters, die dort ein Kindererholungsheim bzw. Internat betrieb. Unbestätigten Angaben zufolge sollen bei Kriegsende hier auch Angehörige des amerikanischen Militärs einquartiert gewesen sein.

Am 1. Juni 1946 meldeten Sie sich in Bernau ab. (1)

 

 (1) Laut Auskunft des Stadtarchivs Wemding (19.08.2020)

 

 

 

Touristischer Tipp: Das Bonnschlössl ist als Hotel sehr zu empfehlen > www.hotel-chiemsee-bonnschloessl.de/hotel-am-chiemsee


1946 (Juni) - 1948 (Juli), Wemding, Kapuzinergraben bzw. Haus 358 1/3

Marktplatz in Wemding 2017 (Tilman2007 - CC BY-SA 4.0)
Marktplatz in Wemding 2017 (Tilman2007 - CC BY-SA 4.0)

Vom 1. Juni 1946 bis zum 14. Juli 1948 war Adolf Wüster in Wemding/Oberschwaben gemeldet. (1) Ich vermute, dass die Wahl dieses Wohnortes im Zusammenhang damit stand, dass Arno Breker dort seit Oktober 1945 ebenfalls seinen Wohnsitz hatte. (2) Beide waren Freunde aus Elberfelder Jugendtagen und auch in Paris weiter miteinander in andauerndem Kontakt.(3) 1948 fungierte Adolf Wüster im Spruchkammerverfahren gegen Breker als Entlastungszeuge. (4)

 

 

 

 

 

 

Quellen:
1 www.fold3.com/image/269947682 und Auskunft des Stadtarchivs Wemding (19.08.2020)
2 https://www.fold3.com/image/231936008
3 Trimborn Jürgen: Arno Breker. Der Künstler und die Macht. Die Biographie. Berlin 2011, S. 333

4 Staatsarchiv München, SprKA 195, Bl. 165, Schreiben Adolf Wüsters vom 17.8.1947


1946 (Juli) - 1948 (Oktober), München, Leopoldstr. 38, Gartenhaus

www.fold3.com/image/269947695
www.fold3.com/image/269947695

Offiziell zogen die Wüsters am 14. Juli 1948 nach München. (1)

In den Jahren 1946 bis 1948 erscheint in den Archivalien neben der Adresse in Wemding regelmäßig auch die des Gartenhauses/Ateliergebäudes in der Münchener Leopoldstraße 38. Ob Wüster regelmäßig zwischen diesen Adressen hin- und herpendelte oder ob eine nur  als Briefkastenadresse fungierte, ist unbekannt. Sicher ist jedoch, dass diese Adresse auch die von Maria Gillhausen  (1889-1948) war, bei der er sich ja schon im September 1944  in Schloss Thalhausen aufgehalten hatte. Nach ihrem Tod im Jahr 1948 verwendete er diese Anschrift jedenfalls nicht mehr.

 

Beiläufig sei auf die wechselvolle Geschichte dieses Gartenhauses verwiesen, das dem Architekten Manfred Eickemeyer gehörte. Dort trafen sich regelmäßig die Mitglieder der Weißen Rose, auch um dort  ihre Flugblätter zu drucken.(2) In den 1950er Jahren war das Atelier Eickemeyers dann Schauplatz legendärer Faschingsparties, an denen Künstler wie Klaus Kinski oder Agnes Fink teilnahmen.(3)

 

Quelle:
1 Auskunft des Stadtarchivs Wemding vom 19.08. 2020
2 Ulrich Chaussy/Gerd R. Ueberschär: „Es lebe die Freiheit!“: Die Geschichte der Weißen Rose und ihrer Mitglieder in Dokumenten und Berichten. Frankfurt a. Main 2013
3 Bayerische Staatsbibliothek: Bildarchiv > Eickemeyer


1948 (November) - 1972 München, Martiusstr. 8/1

Adressbuch München 1953: Martiusstraße
Adressbuch München 1953: Martiusstraße

Im November 1948 zieht das Ehepaar Wüster dann in die Martiusstr. 8.(1) Es scheint möglich, dass er auf die Wohnung in der Martiusstr. 8 aufmerksam wurde, weil das Gartenhaus der Leopoldstr. 38 an den rückwärtigen Teil dieses Hauses angrenzt. Möglich auch, dass ihm Hans Hellmut Klihm, der ehemaliger Mitarbeiter Hans Posses für die graphischen Bestände des  Sonderauftrags Linz war, einen Hinweis gegeben hatte. Er wohnte im Nachbarhaus Nr.6. (2) Überhaupt konnte München, nachdem Berlin wegen seines Nachkriegsstatus nicht mehr in Frage kam, seine Bedeutung als Zentrum des Kunsthandels jener Zeit weiter ausbauen. Bruno Lohse, Maria Dietrich, Karl Haberstock, Walter Andreas Hofer, Kajetan Mühlmann, Maria Gillhausen, um nur einige zu nennen,  waren dort weiter aktiv. Viele von ihnen wohnten in Schwabing und Adolf Wüster mitten unter ihnen.(3)

  Noch dazu wohnte Adolf Wüster auf der gleichen Etage, womöglich in der gleichen Wohnung wie der ehemals sehr prominente Kustos an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen August Liebmann Mayer. Dieser entschied sich 1936 zur Emigration nach Frankreich, nachdem er Opfer einer beispiellosen Hetzkampagne wurde, die maßgeblich von Kollegen wie Heinrich Ernst Zimmermann oder Wilhelm Pinder betrieben worden war. Am 3.2. 1944 nahm ihn die  Gestapo in Monte Carlo fest und kam über das Lager Drancy nach Auschwitz, wo er am 13.3.1944 ermordet wurde. (4) Das Faktum, dass  Adolf Wüster womöglich in der Wohnung Mayers wohnte, erscheint bizarr, zumal Wüster ein enges Verhältnis zu Ernst H. Zimmermann unterhielt (s.u.).

 

Auf der anderen Seite der Straße, im Haus Nr. 7, gründeten 1947 Otto und Etta Stangl die "Moderne Galerie Otto Stangl", deren Startkapital aus den Teilen der Kunstsammlung des Klavierfabrikanten Rudolf Ibach gebildet wurde, die Etta von ihrem Vater geerbt hatte. Darin enthalten waren Werke von Jawlensky, Klee, Kandinsky, Pechstein, Schmidt-Rottluff und anderen Malern, die von den Nationalsozialisten als "entartet" verfehmt, sich bald umso größerer Beliebtheit erfreuten.  Rasch entwickelte sich diese Galerie zu einem beliebten Treffpunkt Kunstinteressierter und sicher war dort auch Adolf Wüster häufiger zu Gast. Denn Etta Stangl stammte wie er aus Wuppertal (5) und zudem war ihr Vater, Rudolf Ibach, von 1921 bis 1937 Vorsitzender des Barmer Kunstvereins, dem Adolf Wüster zahlreiche Ausstellungsmöglichkeiten  zu verdanken hatte. 

 

 

Quellen:
1 Stadtarchiv Krefeld 4/4070

2 Münchener Adressbücher
3 Petropoulos, Jonathan: Art Dealer Networks in the Third Reich and in the Postwar Period. In: Journal of Contemporary History
2017, Vol. 52(3), 546–565

4 Christian Fuhrmeister / Susanne Kienlechner: Tatort Nizza: Kunstgeschichte zwischen Kunsthandel, Kunstraub und Verfolgung. Zur Vita von August Liebmann Mayer, mit einem Exkurs zu Bernhard Degenhart und Bemerkungen zu Erhard Göpel und Bruno Lohse, in: Ruth Heftrig, Olaf Peters, Barbara Schellewald (Hrsg.): Kunstgeschichte im "Dritten Reich". Theorien, Methoden, Praktiken, Berlin: Akademie Verlag 2008 (Schriften zur modernen Kunsthistoriographie, Band 1), S. 405-429 [PDF 3,80 MB]
 5 Segieth,  Clelia : Etta und Otto Stangl, Galeristen-Sammler-Museumsgründer, Köln 2000


1963 Tutzing, Bareislweg 7

Vom 01.06.1962 bis zum 25.01.1963 waren die Wüsters  in Tutzing am Starnberger See gemeldet. Im selben Gebäude, in dem auch Ernst Heinrich Zimmermann mit seiner Frau Johanna wohnte. Dieser war am Ende seiner Karriere  nicht nur Generaldirektor der Ehemals Staatlichen Museen in Berlin (West), sondern in den Jahren der deutschen Okkupation Frankreichs von 1940 bis 1943 als Kunstschutzbeauftragter in Dijon und Bordeaux tätig. Offenbar bestand eine engere Beziehung zwischen ihm und Adolf Wüster. Ebenso sei erwähnt, dass zur selben Zeit Prof. Alfred Stange, der Ordinarius für Kunstgeschichte an der Universität Bonn in den Jahren 1935 bis 1945 und enger Vertrauter Alfred Rosenbergs, seinen Lebensabend in Tutzing verbrachte. 

 

Quelle: Schreiben der Gemeinde Tutzing vom 10.04.2019 + de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Heinrich_Zimmermann