1906 -1908 Kunstgewerbeschule
In den Jahren 1906-1908 besucht Adolf Wüster die 1894 gegründete Kunstgewerbeschule in Barmen/Elberfeld. Dort ist er Schüler von Max Bernuth (1872-1960) (1), der nach seinem Studium an der Kunstakademie in München hier nun die Fachklasse für "figürliches Zeichnen und Malen, Akt und Komposition" leitet. Bernuth, der sich stilistisch zunächst am Jugendstil, später dann am Impressionismus orientiert, lehnt die rein akademische Malweise ab und fordert seine Schüler dezidiert dazu auf, außerhalb der engen Schulmauern eigene Formen der Darstellung zu erproben. Es erscheint möglich, dass er es war, der den nun etwa 20jährigen Adolf dazu anregt, seine künstlerische Ausbildung in München weiter fortzusetzen.
Wenige Jahre nach Adolf Wüster besucht auch Arno Breker, ebenfalls aus Elberfeld stammend, diese Klasse.(2) Beide verbindet eine lebenslange Freundschaft. Dazu an anderer Stelle mehr.
1 Udo Garweg, Klaus Giesen, Gudrun Haberberger: Wuppertaler Künstlerverzeichnis. Hrsg.: Sabine Fehlemann. Von der Heydt-Museum, Wuppertal 2000, Beitrag zu
Adolf Wüster
2 Jürgen Trimborn: Arno Breker. Der Künstler und die Macht. Die Biographie. Berlin 2011, S. 45
1908 geht Adolf Wüster nach München, um dort die 1888 gegründete private Malschule Heinrich Knirrs zu besuchen.[1] Zu dessen bekanntesten Schülern gehören Paul Klee und Rudolf Levy, die einige Jahre vor Adolf Wüster diese Schule besuchten. Bis 1910 unterrichtet Knirr parallel zu seinem privaten Schulbetrieb auch an der Münchener Akademie der bildenden Künste. Er ist vor allem als Landschafts- und Porträtmaler bekannt.[2] Anfang 1911 zieht Adolf Wüster dann mit Frau und Kind nach Stock/Prien am Chiemsee, was vermutlich das Ende seiner Ausbildung bei Knirr bedeutet.[3] Ob Adolf Wüster, wie verschiedentlich behauptet, auch Schüler Franz von Stucks war, ist bisher nicht belegt[4] und wurde meines Wissens auch nie von Wüster selbst behauptet.
Am 31.10.1913 wird Adolf Wüster an der Akademie der bildenden Künste in München eingeschrieben: in der Klasse für Malerei bei Heinrich von Zügel.[5] Es erscheint jedoch unwahrscheinlich, dass er die Akademie tatsächlich besucht. Denn nach eigenen Angaben[6] hält er sich zu dieser Zeit bereits permanent in Paris auf.[7] Was ihn aber zu der Einschreibung bewogen hat, bleibt eine offene Frage.
[1] AK69
[2] Das bei der ersten Großen Deutschen Kunstausstellung 1937 präsentierte Bildnis Adolf Hitlers gehört zu den wohl bekanntesten Werken Knirrs. http://www.gdk-research.de/de/obj19400401.html
[3] Gautherie-Kampka 1995, S. 428
[4] Zum Beispiel H.,F.: Adolf Wuester zum 80. Geburtstag. In: Weltkunst 1969, H.1, S. 14
[5] Adolf Wüster, Matrikelbuch 1884-1920,https://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1884-1920/jahr_1913/matrikel-05343 (Zugriff vom 01/06/20)
[6] AK69
[7] Im gleichen Semester schreibt sich Erwin Knirr, der Sohn Heinrich Knirrs, ebenfalls an der Akademie ein. (05313 Erwin Knirr, Matrikelbuch 1884-1920, https://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1884-1920/jahr_1913/matrikel-05313 (Zugriff vom 01/06/20)) Ob dieses Faktum möglicherweise mit der Einschreibung Adolf Wüsters in einem Zusammenhang steht, kann nur vermutet werden. Ein Indiz dafür, dass sich Adolf Wüster nicht selbst eingeschrieben hat, könnte sein, dass als Beruf des Vaters im Matrikelbuch „Landwirt“ angegeben ist, was dieser jedoch nachgewiesenermaßen nicht war. Als Herkunftsort gibt er Lüttringhausen an.
Diese kleine Zeitungsnotiz ist etwas irritierend, denn ihr ist zu entnehmen, dass Adolf Wüster im September 1911, also in dem Jahr, wo er mit Frau und Kind bereits am Chiemsee lebt, von der Königlichen Prüfungskommission in Düsseldorf als Kunstmaler die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst erhält. Im Regelfall mussten die Anwärter dazu mindestens die mittlere Reife, erworben an einem Gymnasium oder einer Mittelschule, vorweisen. Es gab jedoch Ausnahmen etwa für die, die sich in einem Zweig der Wissenschaften oder Künste durch hervorragende Leistungen auszeichneten. Diese mussten lediglich in einer Prüfung ihre Elementarkenntnisse nachweisen. Das traf offenbar auf Adolf Wüster zu, der nach seinem Besuch der Volksschule in Garschagen bei Lüttringhausen die Kunstgewerbeschule in Barmen/Elberfeld besucht hatte. Weshalb Adolf Wüster jedoch "Einjährig-Freiwilliger" werden wollte (oder sollte) ist mir unklar, zumal man Kost, Logis und Uniform selbst finanzieren musste. Mit Kosten, die etwa das zwei- bis dreifache des Jahreslohns eines Handwerkers betrugen, war diese Laufbahn ganz überwiegend nur Söhnen aus wohlhabendem Haus vorbehalten. Da sein Vater Fabrikant war, gehörte er zu diesen. Ob er diesen Dienst jedoch jemals angetreten hat, wo er doch schon seit Jahren in Bayern lebte, ist noch zu ermitteln.
Mertens, Lothar. "Das Privileg des Einjährig-Freiwilligen Militärdienstes im Kaiserreich und seine gesellschaftliche Bedeutung". In: Militaergeschichtliche Zeitschrift, vol. 39, no. 1, 1986, pp. 59-66.